Eltern- Kind- Entfremdung
Das Phänomen wird seit mindestens 60 Jahren in der psychiatrischen Fachliteratur beschrieben, aber erst in den 1980er und 1990er Jahren als solches benannt. (W. v. Boch- Galhau 2012). In der psychologischen Praxis werden dabei zwei verschiedene Gruppen von Patienten unterschieden: zum einen erwachsene Scheidungskinder, zum anderen entfremdete Elternteile. Beide Gruppen leiden nach Trennung und/oder Scheidung unter erheblichen psychischen und psychosomatischen Störungen.
Der Kontakt- oder Beziehungsabbruch wirkt für die betroffenen Kinder und auch für die entfremdeten Elternteile traumatisch.
Die Eltern- Kind- Entfremdung tritt meist nach Trennung und Scheidung der Eltern auf.
Die Ablehnungshaltung der Kinder gegenüber einem Elternteil ist dabei nicht nachvollziehbar. Sie entsteht durch den indoktrinierenden, manipulativen Einfluss des entfremdenden Elternteils oder anderer wichtiger Bezugspersonen.
Die rechtliche Würdigung von Elternkindentfremdung sowie die Umsetzung im Familienrecht im Fall von Trennung und Scheidung sind derzeit in Deutschland, besonders im Hinblick auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte noch umstritten:
"Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich in den letzten Jahren mit mehreren Beschwerden befasst, mit denen eine Verletzung von Art. 8 der Europäischen Konvention für Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Verhalten nationaler Behörden und Gerichte bei Streitigkeiten zum Umgangs- und Sorgerecht gerügt worden ist. Dabei hat er auch anerkannt, dass es „alienierte Kinder“ und Elternpersonen, welche die Kinder negativ gegen den andern Elternteil beeinflussen (alienierendes Verhalten), gibt. Damit hat er implizit die Existenz von „parental alienation“, nicht aber ein Syndrom mit Krankheitswert, anerkannt (Sünderhauf/ Widrig, S. 491, 501)." Quelle: ZKJ 7 und 8/2022, Baumann, Michel-Biegel, Rücker, Serafin, Wiesner: Zur Notwendigkeit professioneller Intervention bei Eltern-Kind-Entfremdung.